Der Klimawandel stellt die Menschheit vor neue Herausforderungen, der Alltag ist nicht zuletzt durch die Digitalisierung komplexer geworden, und die Situation auf dem Wohnungsmarkt hat sich verschärft. „Da sind auch im Wohnungsbau neue Konzepte gefragt, die auf vielerlei Ebenen greifen“, sagt Frank Freyer, Geschäftsführer der LWG.
Zehn Jahre nach dem letzten Bauprojekt geht die Lübbener Wohnungsbaugesellschaft (LWG) wieder neue Bauvorhaben an. In dem vergangenen Jahrzehnt hat sich viel getan und das wird an dem in Deutschland bisher einmaligen Neubau sichtbar. Die Energiewende hat Schwung aufgenommen. Durch einen Vortrag des Energieexperten Prof. Timo Leukefeld ist er auf dessen Baukonzept der enttechnisierten, energieautarken Mehrfamilienhäuser aufmerksam geworden. Dabei geht es um einfache, solide und wartungsarme Technik, die den Bewohnern Kosten spart und CO2 auf ein Minimum reduziert. „Der Schlüssel dazu ist eine hohe Autarkie durch Solarenergie für Wärme, Strom und Mobilität", so Leukefeld.
Freyer überzeugte das Konzept. So kam es dazu, dass am 24. August 2020 in der Heinrich-Heine-Straße der Bau der ersten technikarmen energieautarken Mehrfamilienhäuser Deutschlands begann. Das innovative Projekt in Lübben setzt auf Photovoltaik und Infrarotheizung anstelle der herkömmlichen hydraulischen Heizung.
Attraktiver Wohnraum mit bezahlbaren Mietpreisen
2.000 Wohnungen sind im Besitz der Lübbener Wohnungsbaugesellschaft, die zu 100 Prozent der Stadt Lübben gehört. Ziel der Stadt ist es, die Einwohnerzahl bis 2030 von 14.000 auf 15.000 zu steigern. Im Prinzip nicht schwierig, denn wegen der steigenden Mieten in Berlin ziehen immer mehr Menschen in die Kleinstadt. Mit drei Prozent ist der Leerstand gering und die LWG ist gefordert, neuen Wohnraum zu schaffen. „Wir wollen attraktive Wohnungen mit erschwinglichen Mieten für alle Bevölkerungsschichten anbieten“, sagt Freyer. „Und wir wollen als leistungsstarkes Unternehmen wahrgenommen werden, das den Herausforderungen der Zeit gerecht wird.“
Sektorenkopplung: Solarstrom für Wärme, Strom und Elektromobilität
Die beiden Mehrfamilienhäuser in Lübben werden jeweils sieben Wohnungen auf 575 Quadratmeter Wohnfläche haben. Sie werden jeweils mit PV-Anlagen mit 37,7 Kilowatt PV-Leistung ausgestattet. Solarstrom, der gerade nicht im Gebäude verbraucht werden kann, wird in Photovoltaik-Akkus mit 73 kWh Speicherkapazität zwischengespeichert. Der PV-Strom wird für die Haushalte, die Infrarotheizung und Warmwasserbereitung genutzt.
Der verbleibende Strombedarf wird mit Ökostrom von den Stadtwerken Lübben gedeckt. "wir verursachen kein CO2 im Betrieb der Häuser, so wie es für den Klimaschutz sein sollte", so Freyer zufrieden. Im Sinne der sogenannten Sektorenkopplung will die LWG den klimafreundlichen Solarstrom nicht nur für Wärme und Strom, sondern auch für die Mobilität nutzen. „Laut Berechnungen wird noch so viel Solarstrom übrig bleiben, dass 50.000 Kilometer elektrisch damit gefahren werden kann“, weiß Freyer aus dem Energetischen Kompass des Autarkie-Teams. Die LWG werde deshalb prüfen, ob sie Elektroautos zum Car Sharing anbieten oder eine öffentliche Ladesäule aufstellen.
Pauschalmiete mit Energieflat
Die künftigen Mieterinnen und Mieter erhalten eine Pauschalmiete inklusive Energieflat für Wärme und Strom, die zunächst für einen begrenzten Zeitraum festgesetzt wird. Die Pauschalmiete wird die Nettokaltmiete, Energie für Heizung und Warmwasser, den Haushaltsstrom und anteiligen Gemeinschaftsstrom beeinhalten. Über steigende Energiekosten, die gern als zweite Miete bezeichnet werden, brauchen sie sich keine Gedanken zu machen.